Sehnsucht nach Trost

Über den Umgang mit Verlust und Trauer

Einen geliebten Menschen zu verlieren, ist ein schier unerträglicher Schicksalsschlag, der für immer tiefe Wunden in die persönliche Biografie reißt. Betroffene überkommt neben ihrer Trauer das Gefühl, alles müsse nun enden, auch ihr eigenes Leben. Aber alles andere geht einfach weiter – nur eben nie wieder, wie es war. Der Tod ist ein Dieb!

 

Im Oktober 2022 ist mein Herzensmensch von mir gegangen, nach fast 28 gemeinsamen Jahren. Seither suche ich meinen Weg zurück in eine Art „Normalität“. Ich habe gelernt, mit meinem Schmerz umzugehen und im Alltag wieder zu funktionieren, so wie es mein Umfeld von mir einfordert. Aber in mir steckt ein Pfeil, den niemand sieht.

 

Es heißt, mit der Zeit werde es leichter. Doch wer einen solch traumatischen Verlust erlitten hat, für den ist die Zeit kein Freund mehr. In Gesprächen mit anderen Betroffenen erfahre ich regelmäßig, dass es nicht besser werde, mit den Jahren, sondern eher schlimmer. Dass ihre Sehnsucht nach Trost unerfüllt bleibe, weil da nichts zu trösten sei.

 

In der Welt gibt es zwei Arten von Schmerz: einen, der eine Weile weh tut und einen, der einen Menschen für immer verändert. Dieser Schmerz mag erträglicher werden, mit der Zeit, aber er stirbt erst mit uns selbst. Jeder trauert auf seine Weise – letztlich bleibt es unsere individuelle Entscheidung, wie wir mit Tod und Verlust umgehen.

 

Manchmal ist das persönlich Erlebte so schmerzhaft, dass es sich nicht mehr in das eigene Sinnkonzept integrieren lässt. Dann reift in Betroffenen der Wunsch, vor ihrer Zeit gehen zu wollen. Andere zwingt das Schicksal angesichts schwerer Erkrankung, vor ihrer Zeit gehen zu müssen. In beiden Fällen enden Lebenslinien tragisch und oft zu früh.

 

Am Ende stellt sich für jene, die zurückbleiben, die Frage: Wie sollen sie mit dem unsagbar Unsäglichen umgehen?

„Der Tod ist eine Zumutung“, Mai 2023

Diesem Werk zugrunde liegt die die Erfahrung, dass sich An- und Zugehörige häufig hilflos fühlen, im Umgang mit jenen, die einen traumatisierenden Verlust erleiden. Es befasst sich kritisch mit den Überwindungsalgorithmen der Trauer, die die Theorie modellhaft beschreibt und die Therapeuten in der Praxis nutzen. Ich betone dabei die Bedeutung des eigenen Weges und begebe mich auf die Antwortsuche für eine der großen Menschheitsfragen – vielleicht die größte überhaupt: die nach dem Sinn. Dem des Lebens generell und dem für das eigene Leben.

„Ich bin dann bald weg“, November 2024

Wir alle wollen leben! Deshalb können wir es kaum fassen, dass ein Mensch sein Leben selbstbestimmt beenden möchte. Dass er aufgeben will, wie es heißt – ganz so, als sei Der- oder Diejenige zu feige, trotz noch so widriger Umstände weiterleben zu wollen. Doch es kann jeden von uns ein Schicksalsschlag treffen, der ein qualitatives Weiter subjektiv nicht mehr zu ermöglichen scheint oder objektiv nicht mehr möglich macht. Wie Menschen auf ihrem letzten Weg von sich und anderen Abschied nehmen, damit befasst sich dieses Buch.